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Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki |
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Rundbrief 3/2018 | Schlüssel und Schloss |
Vor kurzem sollte ich das Mittelgitter unserer Kirche am Vormittag zusperren. Leider war der Schlüssel schon so abgenützt, dass mir das nicht gelang. Reserveschlüssel fand sich keiner, also sollte ich einen Schlüssel für das Gittertor nachmachen lassen. Die erste Firma erklärte mir ich müsse den Schlüssel da lassen, denn die Arbeiter kommen erst am Nachmittag. Erst dann könnte mir gesagt werden, ob und wann ich einen neuen Schlüssel bekäme. Also suchte ich einen Sofortdienst auf. Für den war das kein Problem – nach einigen Minuten hatte ich den neuen Schlüssel. Voller Freude ging ich daran, nun endlich das Tor zuzusperren. Aber leider. Der Schlüssel passte zwar ins Schlüsselloch, ließ sich aber nicht drehen. Also wieder zurück ins Geschäft. Der schaute sich den Original- und den Zweitschlüssel genau an, feilte an einer Stelle etwas nach und ich ging wieder in die Kirche. Als ich eine Viertelstunde später wieder im Geschäft auftauchte, meinte der Inhaber, dass er in ein größeres Geschäft fahre, um dort einen, vom Computer hergestellten Schlüssel, zu besorgen. Als ich mir selber nun die beiden Schlüssel genauer anschaute, sah ich, dass zwar der Bart gleich war, aber der Zapfen zu lang, so dass der Schlüssel nicht weit genug ins Schloss hineinging. Nachdem auch das behoben war, ging ich voller Hoffnung wieder nach Hause zurück – und endlich konnte ich die Kirche zusperren. In der Zwischenzeit machte ich mir so meine Gedanken zu Schlüssel und Schloss. Was nützt der schönste Schlüssel, wenn er nicht ins dazugehörige Schloss passt. Beides muss zusammenstimmen. Wenn ich mit meinem Wohnungsschlüssel das Auto starten will oder mit dem Postkastenschlüssel das Haustor öffnen, wird man mich auslachen, so unsinnig ist der Gedanke, und der Versuch zum Scheitern verurteilt. |
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Aber wie ist das im übertragenen Sinn? Da ist es nicht so einfach herauszufinden, mit welchem „Schlüssel“ ich Zugang zu den Menschen in meiner Umgebung finde, welches der richtige Schlüssel zum Verständnis der anderen ist. | |
Ich habe mir auch Gedanken gemacht, wann und wozu ich den Schlüssel verwende. Wenn ich die Wohnung betreten will, dann brauche ich einen, der öffnet. Manche Türen muss man auch von innen zusperren, damit die Türe zu bleibt. So bei uns im Pfarrhof in den Anfangsjahren. Da war es dann wichtig den Schlüssel abzuziehen, damit die anderen auch hereinkommen konnten. Auch höre ich - nicht nur - von älteren Leuten, dass sie, wenn sie zu Hause sind, aus Angst zusperren und den Schlüssel stecken lassen. Wenn dann etwas passiert, z.B. ein Sturz, kann man auch mit einem Reserveschlüssel nicht hinein und es muss die Tür aufgebrochen werden. | |
Ich sperre meine Wohnung, mein Haus, mein Auto zu, um es zu schützen und nicht jedem sofort den Zutritt zu ermöglichen. Wenn ich mich einsperre, dann will ich meinen privaten Freiraum haben, will ich für mich sein. Da ist es mir jederzeit möglich, wieder aufzumachen, selbst hinauszugehen oder andere einzulassen. Anders ist es wenn ich eingesperrt werde. Da bin ich unfrei und abhängig. Früher wurden Kinder oft als Strafe eingesperrt. Aber auch in unserer Zeit hört und liest man davon, dass Kinder eingesperrt und vom normalen Leben ausgesperrt werden. Damit zeigt der, der den Schlüssel besitzt, seine Macht. | |
Wenn mir jemand einen Schlüssel zu seiner Wohnung oder seinem Haus gibt, dann ist das ein Zeichen des Vertrauens, aber auch der Verantwortung. Ich habe den Besitz des anderen zu schützen und zu pflegen. Wenn Christus uns Menschen seine Kirche anvertraut, dann vertraut er uns und gibt uns Verantwortung für die Menschen. | |
Für den Pfarrhof habe ich einen Schlüssel, der mehrere Türen sperrt. Ich kann damit jederzeit auch in die Kirche und die Nebenräume. Das ist wichtig, damit ich meine Aufgaben selbständig erfüllen kann. Ich bin dankbar für das Vertrauen, dass mir mit diesem Schlüssel geschenkt wurde. Ich bin aber auch dankbar, dass Gott mir Menschen anvertraut. Ihn möchte ich bitten, dass er mir auch die passenden Schlüssel gibt, dass ich einen Zugang zu ihnen finde. |
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Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 3/2018) |