Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Rundbrief 1/2022 Was mit Ruhe gemeint sein kann
Meistens entwickelt sich das Thema des nächsten Rundbriefs aus dem, den ich gerade schreibe. So war es auch mit diesem Thema. In einigen Beiträgen des letzten (4/21), wo es um „allein – gemeinsam“ ging, kamen schon die Begriffe „Ruhe und Stille“ vor. Dann wird ja der Advent als die „stillste Zeit“ bezeichnet. Im bekanntesten Weihnachtslied wird dem Kind in der „stillen Nacht“ „schlafe in himmlischer Ruh“ gewünscht. So machen wir uns Gedanken zum Ausspruch „in der Ruhe liegt die Kraft“.

Im Winter begibt sich die Natur in Winterruhe. Pflanzen ziehen ihre Säfte in die Wurzeln und Zwiebeln zurück, um dann im Frühjahr wieder mit voller Kraft neu austreiben zu können. Ganz besonders schön - finde ich – ist das an der Amaryllis zu sehen.

Manche Tiere machen eine Winterruhe oder sogar einen Winterschlaf. Köchinnen wissen, dass man manche Teige oder Speisen „ruhen“ lassen muss. Nicht nur Sportler müssen sich nach einer Anstrengung „ausruhen“, sondern auch wir. Da beruhigt sich dann auch wieder der Puls zum „Ruhepuls“.

Manche fragen mich, wie geht es dir im „Ruhestand“, oder hast du einen „geruhsamen“ Tag gehabt. Hin und wieder kann es auch sein, dass ich höre „lass mich bitte jetzt in Ruhe“. Nach einer Zeit in Lärm und Hektik genießen wir die „(heilige) Ruhe“ und können ausruhen und entspannen.

Ein Erlebnis hat sich mir tief eingeprägt. Ich durfte in einem Kindergarten mit den Kindern malen und musizieren und es war ziemlich turbulent und auch laut. Kurz vor dem Mittagessen hat die Pädagogin dann zur Minute der „Ruhe und Stille“ aufgefordert. Langsam wurde es ruhig und etwa 20 Kinder schauten gebannt auf die große Sanduhr, die diese Zeit für die Kinder erlebbar machte. Erst danach kam der Tischspruch (Gebet) und es durfte wieder geredet werden.
Eine andere Erfahrung, die ich immer wieder mache. Ich beginne mit einer Tätigkeit, um kurze Zeit darauf etwas anderes zu sehen und auch das zu beginnen. So habe ich viel begonnen und merke, dass ich nichts zu Ende bringe. Wenn ich es merke, ist schon der erste Schritt getan. Ich kann mich bemühen eins nach dem anderen zu machen und merke, dass ich dadurch zur Ruhe komme.
Ruhe kann also zweierlei heißen – kein Lärm, keine Geräusche, keine Bewegung – also Ruhe im Außenbereich. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass ich selbst ruhig bin, dass es in mir ruhig geworden ist, dass ich in mir ruhe, also gelassen bin.
Nur diese zweite Form der Ruhe schenkt mir Kraft. Denn diese Ruhe ist auf ein Ziel hin gerichtet. Sie ist wie die Zeit, die sich ein Sportler vor dem Start nimmt, um konzentriert zu beginnen.
  Auch in Liedern, Gebeten und Bibelstellen sind mir in der letzten Zeit Textzeilen aufgefallen, die das Thema anklingen lassen.
Das Lied GL 848 Herr, ich glaube wendet sich in der 2. Strophe an Gott den Vater. „Du schufst alles Leben, hast im Sinn und Ziel gegeben; du kannst Not und Unheil wenden, alles ruht in deinen Händen.“
  Die 3. Strophe des Liedes GL887 will es uns ebenso trostvoll versichern. „Ist mein Wort gegeben, will ich es auch tun, will euch milde heben; ihr dürft stille ruh´n.“
Zu einem meiner Lieblingslieder gehört „meine Zeit steht in deinen Händen“ GL 907. Da heißt es im Kehrvers „Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir. Du gibst Geborgenheit. Du kannst alles wenden. Gib mir ein festes Herz. Mach es fest in dir.“
  In den Strophen wird dann die Realität, die uns sehr oft bedrängt und ängstigt, angesprochen. Sorgen, Hast und Eile, Zeitnot und Betrieb, aber auch das scheinbar sinnlose Vergehen der Zeit werden hier aufgezählt um sich im Kehrvers wieder daran zu erinnern, „nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir“ – Gott.
Ein ähnlich beruhigender Text steht im Psalm 131 „Ich ließ meine Seele ruhig werden und still; wie ein kleines Kind bei der Mutter ist meine Seele still in mir.“ (Bild aus den Sonntagsblätter der D Linz 1. Jänner 2021, Darstellung aus der Milchgrotte in Betlehem, Foto: Ingrid Penner)
  Im Magnificat Jänner 2022 findet sich im Anschluss daran folgendes Gebet: „Lass uns zur Ruhe kommen bei dir, treuer Gott, wir sind ja deine Kinder. Schenke uns Einfalt des Herzens, damit wir alles, was uns nottut, von deiner Liebe erhoffen.“
  Der Text aus Psalm 131 ist ein schönes Beispiel dafür, dass Gott auch mütterliche Eigenschaften zugeschrieben werden.
  „Ob ich gehe oder ruhe, du weißt es. Du bist vertraut mit all meinen Wegen.“ Ps 139,3
  Mit diesem Vertrauen, um das ich mich bemühe, kann ich/können wir auch „in Ruhe unserer Arbeit nachgehen“, das heißt in Gelassenheit, die Aufgaben annehmen, die im Moment von mir erfüllt werden können und müssen.
  Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 4/2021)