Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Rundbrief 1/2023 Mit allen Sinnen
Als Sinn bezeichnen wir die Fähigkeit unsere Umwelt auf unterschiedliche Weise zu erfassen.
Im Normalfall gehen wir davon aus, dass der Mensch fünf Sinne hat (Gehör-, Gesichts-, Geruchs-, Geschmacks-, Tastsinn). Im weiteren können wir Temperatur, Schmerz, Gleichgewicht und Körperempfindungen wahrnehmen.
Jede (Jahres)-Zeit beansprucht unsere Sinne auf je eigene Weise. Und nimmt (beim Älterwerden) die eine oder andere Fähigkeit ab oder fällt ganz aus, können andere Sinne stärker ausgeprägt sein und Behelfe manches ergänzen.
Besonders intensiv habe ich die Sinne in der Advent- und Weihnachtszeit erlebt. Lichter in der Dunkelheit spielen eine große Rolle in der Erwartung des Festes. Was wäre diese Zeit ohne Musik, ohne Lieder aber auch Geräusche und Stille gehören dazu. Gerüche von Gewürzen, Wachs und Tannenreisig sind ebenso kaum wegzudenken wie der Geschmack von Lebkuchen und anderen Bäckereien. Nie schmecken Kekse besser als in der Vorweihnachtszeit, meist will sie nach Weihnachten dann kaum noch jemand. Auch unsere Haut ist vielfältigen Reizen ausgeliefert und wir genießen einen Spaziergang in frischer Luft, aber auch die wohlige Wärme der Wohnung oder des Hauses. In der Coronazeit waren wir dazu angehalten körperliche Berührungen – vom Händedruck bis zu Umarmungen – wegzulassen. Erst langsam suchen wir wieder Formen Nähe auch wieder spürbar und erlebbar zu machen.
  In diesem Zusammenhang ist mir ein Erlebnis in Erinnerung geblieben. Ein damals fünfjähriger Bub hat das Christkind aus der Krippe genommen und mit sich herumgetragen, weil es so allein war wie seine Eltern den kleinen Bruder, der noch ein Baby war.
  Wenn ich an die Zeit vor Weihachten zurückdenke und an all das, was so rundherum los war fällt mir ein Text ein, den ich im „Kleinen Adventbuch“ von Dirnbeck/Roscher gefunden habe: «Berühmt geworden ist der erstaunte Ausruf eines Japaners, der sah, wie inmitten all der mit Christmas überladenen Schaufenster und Geschäftsstraßen von Tokio auch eine katholische Kirche in weihnachtlichem Schmuck erstrahlte. Da sagte er nämlich: „Sieh mal einer an, sogar die Kirche feiert Weihnachten!"»
  Ich glaube, dass man heutzutage für so eine Aussage gar nicht nach Japan gehen muss.
  Ich finde es immer wieder schön, dass auch in unserem Glauben und den vielfältigen Formen, wie wir ihn leben, alle unsere Sinne angesprochen werden.
  Die liturgischen Farben und der vorhandene oder nicht vorhandene Schmuck der Kirche und der Wohnung geben uns sofort einen Einblick in welcher Zeit des Kirchenjahres wir uns befinden.
  Unsere Sinne sind immer aktiv und wir setzen sie bewusst ein. Das geschieht dadurch, dass wir ...
  * andere sehen, ansehen, ihnen Ansehen verleihen und so selbst gesehen werden und gemeinsam erleben von Gott angesehen zu werden und als seine Kinder leben zu dürfen.
  * andere ansprechen, sie hören, ihnen zuhören und in Gespräch und Gebet Gemeinschaft aufbauen und pflegen.
  * den Geruch anderer (ihre Lebens-Geschichte) wahrnehmen und sie dadurch verstehen lernen und ihnen vielleicht helfen ihr eigenes Leben anzunehmen.
  * durch Gastfreundschaft und unser Vorbild andere auf den Geschmack zu bringen ihr Leben aus dem Glauben zu gestalten.
  * erfinderisch werden Berührungspunkte mit anderen zu suchen, selbst berührbar zu sein und sich von den Sorgen, Nöten und Anliegen der anderen berühren zu lassen.
 

  Ich nehme mir diese Gedanken mit in die Fastenzeit (österliche Bußzeit) und will so dieser besonderen Zeit einen tieferen Sinn geben.

  Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 1/2023)