Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Rundbrief 3/2021 ermutigen - ermuntern - trösten
Als Kinder haben wir jede Möglichkeit benutzt, auf kleinen erhöhten Mauern und Vorsprüngen zu balancieren. Auch im Turnsaal konnten wir auf Bänken und dem Schwebebalken unsere Übungen machen. Kinder, denen gesagt wird, das kannst du nicht, pass auf, du fällst herunter, werden das mit Sicherheit auch tun. Geht aber jemand daneben und hält auch nur einen Finger zur Unterstützung und Sicherung bereit, wird es nach einiger Zeit auch alleine gehen.
Viele Menschen haben in ihrem Leben niemanden, der ihnen Mut macht, Dinge auszuprobieren, Fähigkeiten zu entwickeln und Talente zu entdecken. Ein kleines Beispiel: Vor langer Zeit habe ich einen Malkurs organisiert. Damit er zustande kommt, mussten sieben Personen teilnehmen. Wir waren erst sechs. Da sagte ich zu meiner Mutter, dass sie mitfahren muss, auch wenn sie nur dabei steht und den Pinsel in der Hand hält. Sie war damals schon 65. In der Schule hatte sie ein genügend im Zeichnen und der Lehrer hat ihr gesagt, dass sie besser einen Kochlöffel in die Hand nehmen soll. Ich kaufte für sie einen ganz billigen Malkasten und sie fuhr mit. Die Tatsache, dass wir mit Farbspielereien begannen und nicht Blumen oder Gebäude malen mussten, verfehlte auch bei meiner Mutter nicht die Wirkung. Sie begann zu malen. Nach einer Woche hatte sie eine kalte Wüste, einen Blick durch ein Schlüsselloch und noch einige andere Blätter fertig.
Wieder nach Hause gekommen malte sie mir als Geburtstagsgeschenk das erste Blumenbillett. Weil ihr das Malen in der Zwischenzeit Spaß machte, schenkte ich ihr dann zum Muttertag einen richtigen Aquarellmalkasten. Damit wurden die Bilder schöner, farbiger einfach professioneller. Lange Zeit hatte ich in meinem Zimmer ihr erstes Werk hängen und eines nach einem Jahr. Niemand glaubte mir, dass beide Bilder von derselben Person stammten. Auf einem späteren Bild reimte sie: „ich danke für den sanften Zwang das Aquarellieren zu probieren.“ Später sind wir im Urlaub gemeinsam malen gegangen. Das größte Lob für sie war, dass mein Vater bei einem ihrer Bilder meinte es sei von mir. Dieses hängt als Erinnerung an die Ermutigung in meinem Haus über dem Esstisch.

Ein anderes Beispiel: Seit Jahren fast 35 Jahren schreibe und gestalte ich den Rundbrief. Deutsch war in der Schule meine Schwachstelle – immer zu kurze Aufsätze, viele Rechtschreibfehler und mit den Beistrichen stehe ich auch heute noch auf Kriegsfuß (mein Chef und Hanni Loidl können ein Lied davon singen). Trotzdem oder gerade deswegen habe ich meine Kolleginnen immer wieder dazu ermuntert auch etwas zu schreiben, denn der Rundbrief soll die ganze Vielfalt von Meinungen und Gedanken zu den verschiedenen Themen widerspiegeln. Das Argument, „das kann ich nicht, ich habe ja keine höhere Schule besucht“, wollte ich nicht gelten lassen. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass ich Fehler ausbessern darf (das macht inzwischen in den meisten Fällen der Computer, aber leider nicht immer) und falls mir etwas nicht klar war, habe ich rückgefragt, was damit gemeint ist. Es freut mich, dass immer wieder aus anderen diözesanen Berufsgemeinschaften und von Bekannten die Aussage kommt: „ich bewundere die Vielfalt in euren Beiträgen.“

Es sind oft ganz unscheinbare Situationen, in denen wir andere ermutigen und ermuntern können. Ich bin selbst sehr dankbar, dass mir Menschen in meiner Umgebung etwas zugetraut haben, was ich ohne Ermutigung und Ermunterung nie in Angriff genommen hätte. Dazu gehört auch die Tätigkeit in der Berufsgemeinschaft.
trösten
trösten, wo ist die Grenze zu vertrösten?
Dazu fällt mir eine Situation mit meiner Mutter ein. Als sie an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt war, kamen immer wieder Leute zu ihr auf Besuch und mit dem Satz: „es wird alles wieder gut“ wollten sie meine Mutter trösten und aufmuntern. Sie wusste aber besser, dass es nicht mehr gut wird und meinte dann einmal zu mir: „wie komme ich dazu, die anderen trösten zu müssen, weil ich krank bin“. Diese Aussage hat mich so beeindruckt, so dass ich den Satz – es wird schon wieder gut - nicht mehr sage, nicht mehr sagen kann und wenn er in meiner Gegenwart gesagt wird, eher unwillig darauf reagiere. Nach menschlichem Ermessen wird es nicht mehr gut, vielleicht eine Zeitlang ein bisschen besser. Trost akzeptiert die Realität, die traurig und schmerzvoll ist, die Angst macht und die Hilflosigkeit aufzeigt. Sowohl bei den Betroffenen, als auch bei denen, die daneben stehen, helfen wollen, es aber nicht können.
Echter Trost nimmt alle diese verschiedenen Gefühle ernst, lässt sie da sein. Manche Menschen wollen darüber reden - gut, wenn andere zuhören und zum Sprechen einladen. Andere verschließen sich – gut wenn jemand da ist, der das Schweigen aushält und dadurch den anderen mitträgt. Getröstet bin ich dann, wenn ich verstanden werde und vertrauen kann.
Die Menschen, die versuchen aus dem Glauben zu leben haben noch einen Anker, der das Lebensschiff im Sturm nicht untergehen lässt – das Vertrauen, dass Jesus mit an Bord ist, auch wenn er scheinbar schläft. (Mt 8,23-27)
  Für Menschen, die sich mit dem Glauben und dem Gebet schwer tun, sind andere ganz notwendig, die im Hintergrund beten, helfen wo sie können aber ohne ständig vom Glauben zu reden und andere bekehren zu wollen. Sich das zur Aufgabe zu machen, kann mich selber trösten.
  Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 3/2021)