Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Msgr. Franz Wilfinger
Mai 2021
HÖREN
Während meiner Jahrzehnte langen Tätigkeit in der Pfarre Wieden gab es einige „Anstöße“, die mich zum Nachdenken übers „Hören“ veranlassten. Es gab ja im Pfarrgebiet die Gehörbehindertenschule in der Waltergasse. Ich hatte einen guten Kontakt mit den Pädagoginnen und Pädagogen, die Schulgottesdienste feierten wir in unserer Paulanerkirche. Ich wurde ersucht, selbst als Zelebrant zur Verfügung zu sein und nicht der Kaplan. Meine erstaunte Frage nach dem „Warum“ fand eine einleuchtende Antwort: „Der Kaplan hat einen Bart, die Kinder sehen keine Lippenbewegung – sie verstehen ihn nicht.“ Bei einem Schulbesuch erfuhr ich auch, warum die Kinder manchmal auf Lachen aggressiv reagieren: „Sie verstehen nicht, was das Lachen verursacht hat, fürchten aber, sie würden ausgelacht.“
Ich hatte öfters Gelegenheit, der erblindeten Schauspielerin Dorothea N. zu begegnen. Bei einem unserer Gespräche fragte ich sie, wie sie mit dem Erblindetsein zurechtkomme. Sie antwortete mir: „Recht gut, denn ich kann ins Theater oder zu Konzerten gehen, an Gesprächen teilnehmen, stehe also mitten im ungezwungen Kommunikations-Geschehen. Wie schwer haben es dagegen Taube, sie stehen `draußen´. Taubsein würde mich viel mehr beinträchtigen als mein Blindsein.“
Hören – eine Voraussetzung der Kommunikation

Hören – eine Voraussetzung der Kommunikation
+ damit ist ein grundsätzliches Offenseinwollen verbunden – Stöpsel im Ohr das Gegenteil
+ aber auch ein Risiko, ein Wagnis, Unerwünschtes, Unangenehmes, Angstmachendes zu hören
+ ist ein Zeichen der Sehnsucht nach Erweiterung seines Lebensraumes
+ ist ein Zeichen Sehnsucht zu empfangen, aber auch zu geben
+ ist ein Sehnsucht nach Bestätigung, geliebt zu werden und lieben zu können

Hören – keine rein passive Haltung
Hören – keine rein passive Haltung; sondern gleichzeitig Aktivität
+ um hören zu können – muss ich mich frei machen, lösen
+ muss mich auch selbst zurücknehmen - hörst du mir überhaupt zu?
+ muss leer werden.

Hören – als Vorbedingung des Gebetes

Hören – als Vorbedingung des Gebetes
+ setzt den Glauben an den lebendigen und gegenwärtigen Gott voraus
+ dieser lebendige Gott liebt mich
+ will sich mir zu erkennen geben – mich anrühren
+ mir Antwort geben auf meine Fragen, meine Bitten
+ lädt mich ein, Gott zu antworten, wie es Dtn. 6,5 heißt:
Darum sollst du den Herrn, deinen Gott lieben mit Ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.

Gemeinhin wird unter Gebet verstanden,
+ dass wir die ersten sind, die unser Wort entweder persönlich oder in Gemeinschaft an Gott richten.
+ Sehen wir Gebet aber als einen Dialog, den Gott mit jedem von uns begonnen hat,
+ dann sind wir Antwortende und nicht Erstredende.

Dann gilt es, sich zuerst einmal frei zu machen von dem, was uns das Hören erschwert
[eigene Sorgen. Bedürfnisse, Stimmungen, Ablenkungen von außen, …]

Dies kann gelingen, durch
+ ein kurzes Stillsein vor dem Gebet
+ andere Formen des Abstand-Nehmens (Ort, Kerze, Tuch …Musik)
+ Ablenkendes vermeiden
+ In diesen Raum der Stille meine Bereitschaft formulieren, jetzt ganz für IHN da zu sein
+ Meine Gebetsanliegen vertrauensvoll formulieren mit der bekundeten Bereitschaft, für seine
+ Anregungen offen zu sein – d.h. nicht nach dem „Abbeten“ meiner Verpflichtung mich den Alltagsgeschäften zuwenden
+ manche Worte aus der Liturgie oder der hl. Schrift in ihrer Bedeutung für mich vor Gott bedenken,
+ Zustimmung, Ängste, Unvermögen oder Widerspruch formulieren,
+ Dank und Bitten aussprechen
+ Hoffnungslosigkeit, Sorgen, Leere, Enttäuschung an- und aussprechen, Gott ist ein Hörender!
+ am Ende des Gebetes – steht das gestärkte Vertrauen – wenn es nicht gefühlsmäßig da ist, dann
+ können geformte Gebete wie das Vater unser – den festen Rahmen bieten.
+ die Bereitschaft zum Hören – überlässt es dem Gesprächspartner, wann, wie und in welcher Form er antwortet – Gott nicht zwingen wollen, als ob wir es besser wüssten wie er, was jetzt gut tut.

Beispiele aus der hl. Schrift Beispiele aus der hl. Schrift:
+ Berufung Samuels: Rede, Herr, dein Diener hört 1 Sam 3,10
+ die Botschaft des Erzengels Gabriel an Zacharias Lk 1,5-25 und Maria Lk 1,26-38
+ Gleichnis vom Sämann Mt 13,1—9 Wer Ohren hat, der höre; Mt 13,14-16; Mt 13,43; Mt 17,5, Mk 9,7
+ Krankenheilungen durch Jesus – die Tauben und Stummen, Mk 7,31-37,

 

Ritus bei der Taufe – Der Herr öffne dir Ohren und Mund…

Das Gebet Jesu, das Vater unser, deutet mit seinem ersten Wort Vater an, an wen wir unsere Worte richten. Jesus, der Sohn Gottes, das Wort Gottes, lädt uns ein, mit ihm dem Vater zu antworten

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