Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Rundbrief 2/2021 hindern
Beim Thema dieses Rundbriefs „mit Hindernissen umgehen“ ist mir zuerst ein Wort eingefallen: Der oder die will „Mit dem Kopf durch die Wand“ und dann ein Spruch von Franz Kafka: „Verbringe die Zeit nicht mit der Suche nach einem Hindernis, vielleicht ist keines da.“
Dann fiel mir ein Erlebnis aus meiner Zeit als Lehrerin ein. In der Anfängergruppe auf einem Schulschikurs versuchte ich den Mädchen das Bogenfahren beizubringen. Nach zwei Tagen hatten es alle gelernt bis auf eines. Dieses Mädchen brachte uns fast zur Verzweiflung, weil sie immer nur geradeaus fuhr. Nur wenn am Rand der Piste ein Baum oder ein anderes Kind der Gruppe stand, gelang der Bogen und sie fuhr direkt auf das Hindernis zu. Gefährlich für alle Beteiligten. Von der Mutter erfuhr ich dann, dass das auch beim Fahrradfahren so war.
Damit bin ich schon beim Wort hindern. Ich war verhindert, eine Unfall hat meine Fahrt behindert, ich konnte gerade noch einen Sturz verhindern, … sind einige der Redewendungen, die wir verwenden.

Das Wort „hindern“ kann in zwei Richtungen verwendet werden. Jemand oder etwas hindert mich, etwas zu tun oder zu wollen. Ich werde gehindert, behindert.

Im aktiven Sinn kann ich selbst jemanden behindern, kann versuchen etwas zu verhindern, jemanden zu hindern einen Fehler zu machen oder in ein Unglück zu stürzen.
Im Hintergrund stehen aber immer Freiheit und Verantwortung. Ein Hindernis kann mich dazu bringen, mein Leben zu überdenken, zu überlegen, was mir wirklich wichtig ist, wofür es sich lohnt, sich einzusetzen.
Die Freiheit eines anderen ist auch dann zu achten, wenn ich glaube, dass er/sie eine Fehlentscheidung trifft. Selbst dann wenn ich versuche, sie zu verhindern, muss ich sie manchmal zur Kenntnis nehmen.
Und wie steht es bei mir? Abends vor dem Fernseher – die Nachrichten sind vorbei, die Werbung nervt, der Krimi interessiert mich nicht, was hindert mich, abzuschalten und ins Bett zu gehen oder zu einem Buch zu greifen, zu lesen oder das Abendgebet zu beten?
  Bewegung in der frischen Luft tut gut, auch in Zeiten wie diesen ist ein Spaziergang erlaubt und könnte helfen, dass mir die Decke nicht auf den Kopf fällt. Was hindert mich daran, aufzustehen und den ersten Schritt zu tun?
Ich weiß, dass jemand allein zu Hause ist und niemanden hat, der mit ihr/ihm redet, oder im Spital liegt und nicht weiß, wie es weitergehen wird. Was hindert mich anzurufen oder eine Karte zu schreiben?
  Ist es Bequemlichkeit, die Sorge um meine eigene Befindlichkeit, Gedankenlosigkeit, Abgestumpftheit, …? Oft weiß ich es selbst nicht.
Sichtbaren Hindernissen kann ich ausweichen, sie umgehen, überwinden, sie aus dem Weg räumen, …. . Sie sind wie Steine, die auf dem Weg liegen. Ich kann darüber stolpern und fallen, ich kann sie als Stufen verwenden, um sie zu überwinden, oder wie ich es auf einer Spruchkarte gelesen habe – „auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“
  Die Hindernisse im Inneren würde ich eher mit dünnen Fäden vergleichen. Ein einzelner Faden ist leicht zu zerreißen. Werden sie aber mehr, dann sind sie wie ein Spinnennetz, das mit seinen dünnen Fäden ein großes Insekt fesseln kann.
Ich kann jammern und traurig sein über all das, was mir (scheinbar) genommen wurde. Ich kann mich ärgern über die Einschränkungen, die mir auferlegt wurden und werden und über die, die sie vorschreiben und die, die sie missachten. Dann sehe ich nur die Hindernisse wie eine Mauer vor mir.
  Vieles, was wir bis vor mehr als einem Jahr gewohnt waren, geht derzeit nicht mehr. Treffen sind nicht möglich, Feiern, Gottesdienste, Jubiläen - all das muss aber deswegen nicht ganz ausfallen. Kontakte sind möglich, aber anders. Ich muss sie wollen und suchen und die/der andere auch.
  An mir liegt es eine kleine Wendung zu machen, auch auf das zu schauen, was ich habe, was ich täglich genieße, was mir immer wieder geschenkt wird. Es müssen keine großen uns spektakulären Dinge sein.
  Ich sehe auf die Schönheiten in der Natur, besonders jetzt im Frühling, ich habe ein warmes Zuhause (was viele nicht haben), habe zu Essen, bin (halbwegs) gesund.
  Was hindert mich daran, dankbar zu sein? Wer hindert mich daran, andere zu beschenken? Vielleicht kann ich damit anderen Mut machen, die Hindernisse und Beschränkungen auch als Chance zu sehen, an denen wir gemeinsam wachsen und reifen können.
  Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 2/2021)