Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Rundbrief 1/2015 Freunde

Wir alle wissen, dass es wichtig ist, auch außerhalb der Familie soziale Kontakte zu haben und zu pflegen. Auch wer Geschwister hat, braucht Freundinnen und Freunde.

Bei unseren Gottesdiensten ist es gut zu beobachten, wie Kinder zuerst bei den Eltern sind, auch nur an der Hand der Eltern zum Vater unser oder zum Segen nach vorne kommen.
Wenn im Gottesdienst auch andere Familien mit Kindern sind, die sich vom Kindergarten her kennen, dann winken sie einander zu, setzen sich nebeneinander, und werden auf einmal mutiger und brauchen nicht mehr die Eltern um zum Gebet um den Altar zu kommen.
Mit zunehmendem Alter werden die Freundinnen und Freunde wichtiger, dann zählt nicht das Vorbild der Eltern, sondern das was die Freunde sagen, denken und tun. Dann wird zu Hause nicht mehr alles erzählt. Die zu Hause schweigsamen Jugendlichen, können stundenlang mit der Freundin oder dem Freund telefonieren oder SMS schicken.
In den Zeiten der sozialen Medien von facebook, twitter und co ist es wichtig, möglichst viele „Freunde“ zu haben, um anerkannt zu sein.
Doch wirklich wichtig ist nicht die Zahl, sondern die Tiefe einer Freundschaft und die will gepflegt werden.
Freundinnen/Freunde suche ich mir selber aus. Treffend sagt das der Spruch: „Freunde kann ich mir aussuchen, Geschwister und Familie nicht“. Freundschaft ist etwas Gegenseitiges. Es muss auch die oder der andere diesen Kontakt wollen. Ich kann entscheiden, wie weit ich mich in diese Freundschaft einlasse, was ich von mir erzähle. In einer Freundschaft wächst das Vertrauen, dass ich so sein darf, wie ich bin. Ich brauche mich nicht verstellen. Das heißt auch, dass ich Fehler haben darf, auch einmal Kritik und Korrektur aushalte oder sie sogar erwarte.
Im höheren Alter, wenn die Ursprungsfamilie nicht (mehr) da ist, wird es nochmals wichtig Freundschaften auch zu jüngeren Leuten zu pflegen. Lebenserfahrung weiterzugeben und andere Einstellungen und Sichtweisen, vielleicht auch Kulturen, kennen zu lernen, bereichern das Leben.
Freundschaften können entstehen unter Gleichaltrigen (Kindergarten, Schule, ...), bei Menschen im gleichen Beruf oder mit den gleichen Interessen und Werten.
Freundschaft ist aber immer auch ein Geschenk, sie ist nicht zu „machen“, aber sehr wohl zu pflegen. Und zwar immer von beiden Seiten.
In den Kindergarten durfte ich nicht gehen, da hat das Geld nicht gereicht und außerdem war ja immer jemand zu Hause – ich brauchte also den Kindergarten nicht. In der Schule hatte ich keine Freundinnen, weil ich anfangs zwar eingeladen wurde, selber aber nie jemanden mit nach Hause bringen durfte. Die ersten Freundschaften knüpfte ich in der kath. Jugend, aber auch da nur sehr sporadisch. Die ersten wirklichen Freundschaften erlebte ich in der Berufsgemeinschaft der Pfarrhaushälterinnen. Hier war es die Sorge um die Priester, die uns verband. Ich erinnere mich noch an das Wort einer damals schon sehr alten Haushälterin, die mir sagte: „Ich freue mich, dass Du dieselbe Aufgabe übernommen hast wie ich, dich um den Pfarrer zu kümmern.“
  Hier habe ich zum ersten Mal erlebt, dass Freundschaft Generationen verbinden kann. Ich habe davon gelernt, dass mir ältere Haushälterinnen von ihrem Leben, ihren Freuden und Sorgen erzählt haben und auch ich erzählen durfte, was mich bewegt. Es war schön, als gleichwertig angesehen zu werden, trotz aller Unterschiede in der Berufsausübung.
  Ich sehe dies auch als unsere Aufgabe in der Berufsgemeinschaft für die Zukunft an. Wenn es immer weniger Haushälterinnen gibt, dann kann uns der Gedanke daran, dass Jesus nicht nur Geschwister, sondern auch Freunde in seine Nachfolge gerufen hat, stärken. Er hat uns gleichwertig gemacht.
  „Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15)
  Freundschaften tragen mich durch das Leben. Bei uns wird sehr oft im Trauergottesdienst eine Stelle aus dem Buch der Weisheit (11,26) vorgelesen, die mit dem Satz endet: „Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens.“
  Von Gott, dem Freund des Lebens zu lernen, selber eine Freundin, ein Freund des Lebens zu werden, ist eine schöne Lebensaufgabe.
  Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 1/2015)