Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Rundbrief 3/2019 alt sein – eine Frage des Vergleichs
Dazu fallen mir 2 Erlebnisse aus unserem Pfarrleben ein. Ich hatte einen Kinderchor und dabei eine Helferin mit 16 Jahren. Eine Zehnjährige fragt sie: „hast Du schon einen Freund?“ Die Sechzehnjährige verneint. Daraufhin kam die Aussage: „Was so alt, und noch keinen Freund!“ Kurze Zeit später wurde mir vom selben Mädchen über die Straße zugerufen: „Hallo Susi!“ Ich war damals schon über 40! Für eine Zehnjährige war es egal, ob man 16 oder 40 ist. Die zweite Begebenheit passierte in einem Altersheim, wo ich eine 95-Jährige besuchte. Sie schilderte mir ihr Leben und sagte, dass man mit den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern nichts anfangen könne, es sind ja alles „alte Leute“. Dabei war sie sicher eine der ältesten.
Im Kreis von Jugendlichen bin ich mit meinen 68 ein „Oldie“. Hingegen reagieren 80 Jährige mit dem Satz: „Was willst den du, du bist ja noch so jung!“ Jetzt kann ich mir aussuchen, wie ich mich fühlen soll.
Aber meine Erfahrung ist, dass es nicht so sehr auf die Zahl von Jahren ankommt, sondern ob Menschen auch im höheren Alter offen bleiben und an der Umgebung und den Menschen interessiert sind. Es kann jemand mit 20 schon „alt“ sein, weil er oder sie eingefahrene Meinungen hat und nichts Neues dazulernen will. Andererseits kann jemand mit 80 und darüber geistig noch beweglich und auf-nahmebereit sein. Zu den letzteren zähle ich auch viele Haushälterinnen und Priester. Unsere Kollegin Ehrentraud Kallinger (sie war von 1995-2002 Mitglied der Diözesanleitung) gehört dazu. Mit Lisl Haider durfte ich sie kurz nach ihrem 90er besuchen. Natürlich lassen sich die Jahre nicht leugnen, wenn das Gehwerk nicht mehr so ganz funktioniert und ein Stock auf der Straße für eine gewisse Sicherheit sorgt. Aber sie versorgt sich selbst und freut sich, wenn sich Enkel zum Mittagessen anmelden.
Auch unser ehemaliger Geistlicher Assistent gehört in diese Gruppe. Den Ausflug aus Anlass seines 90ers hat er mit so viel Energie gemeistert, dass ich nur staunen konnte. Mit Bewunderung hörte ich seine Predigt über die Dankbarkeit und seine Erzählungen aus seinem Leben. Sein Kalender beinhaltet noch Reisen z.B. nach Portugal aber auch Aushilfen zu Gottesdiensten. Er ist kein „Pfarrer in Ruhe“, sondern wie er selber sagt einer „in Reichweite“. Auch viele andere müsste ich hier nennen, die das Alter annehmen aber trotzdem noch alles tun, was sie körperlich und im Herzen jung erhält. Die zur rechten Zeit loslassen können, sich dann aber auch helfen lassen.
Sie sind mir Vorbild und ich hoffe, einmal selbst so zu altern, dass ich mit Dankbarkeit auf mein Leben zurückschauen und trotzdem mit Freude und Vertrauen die Tage leben kann, die noch kommen.
  Susanne Kopeszki (RB der BG/PHH der ED Wien 3/2019)