Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

e-mail

Home Startseite Franz Wilfinger Artikel und Gedanken-Anregungen Vorträge-Veranstaltungen Susanne Kopeszki Rundbriefartikel Rezepte Verschiedenes Berufsgemeinschaft-Phh


Msgr. Franz Wilfinger
September 2021
Vater-unser Meditationen 2 (Nach Josef Ratzinger BENEDIKT XVI. 5. Kapitel)
JESUS VON NAZARETH (Erster Teil Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, 5. Kapitel das Gebet des Herrn. S. 169-176 )
  Nach dem Evangelisten Lukas war Jesus mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem, als ihn einer seiner Jünger bat: Herr, lehre uns beten [Lk,11,1]. Jesus hat dieser Bitte mit dem Vaterunser entsprochen. Er hat uns damit einen Leitfaden für unser Beten gegeben, in dem er aufzeigt, wer die Gesprächspartner des Gebetdialoges sind: Wer und wie der Angesprochene ist, in welcher Beziehung Angesprochener und Ansprechender zueinander stehen und wer der Ansprechende ist.

 

 

In seiner Vaterunser-Auslegung schreibt Reinhold Schneider zur Anrede Vater: „Das Vater unser beginnt mit einem großen Trost; wir dürfen Vater sagen. In diesem einen Wort ist die ganze Erlösungsgeschichte enthalten. Wir dürfen Vater sagen, weil der Sohn unser Bruder war und uns den Vater geoffenbart hat; weil wir durch die Tat Christi wieder Kinder Gottes geworden sind.“

  Für den Menschen von heute ist freilich der große Trost des Wortes Vater nicht ohne weiteres spürbar, denn die Erfahrung des Vaters ist vielfach entweder ganz abwesend oder durch das Ungenügen der Väter verdunkelt. Jesus spricht mit dem menschlichen Begriff eine innergöttliche Beziehung an, die menschliche Erfahrung weit übertrifft.
Es geht beim Gebet einerseits um das Abschiednehmen vom Maßnehmen an Menschen und andererseits um das Annehmen des göttlichen, himmlischen Maßes: dass Gott alle menschlichen Begriffe übersteigt und uns dennoch so nahe ist.
In Jesus erkennen wir, wer und wie Gott ist. „Wer mich sieht, sieht den Vater“ sagt Jesus im Abendmahlssaal zum Apostel Philippus auf dessen Bitte hin „Zeige uns den Vater“ [Jo 14,8f]. So wird das Maßbild wahrer Väterlichkeit sichtbar.
Das Vaterunser projiziert nicht ein menschliches Bild an den Himmel, sondern zeigt uns vom Himmel her – von Jesus her- wie wir Menschen werden sollen und können. Auf zwei „Züge“ des göttlichen Vaterbildes will ich noch hinweisen: es umfasst alle Menschen, übersieht niemanden, bevorzugt keinen und ist vor allem barmherzig.
Unser Wort Barmherzigkeit leitet sich vom hebräischen Begriff für Mutterschoß her und wird damit zur Bezeichnung des göttlichen Mitleidens und Mitsorgens mit jedem Menschen.
Es lohnt sich, auch beim zweiten Wort des Vaterunsers - unser – zu verweilen. Jesus spricht immer – von seiner innergöttlichen Beziehung her – immer von seinem Vater, der uns Menschen liebt. Uns Menschen mit unseren Schwächen, Fehlern und unserem Versagen, die sich der Barmherzigkeit des Vaters immer wieder anvertrauen dürfen und so immer mehr am Göttlichen teilhaben dürfen. Als Berufene, als Angenommene und zugleich auch zeitlebends Strauchelnde dürfen wir uns als Töchter und Söhne bezeichnen, wenn wir uns an die Worte Jesu halten. Auch wenn wir das Vaterunser allein beten, macht es das zweite Wort schon zu einem Wir-Gebet, in dem das Mit- und Füreinander mitschwingt. Dieses Wort kann uns aber auch daran erinnern: Wir sind auf dem Weg zum Himmel, dabei wollen wir anderen helfen und sie unterstützen.
 

Vaterunser 1

andere Beiträge