Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Vom unschätzbaren Wert der Freundschaft
(Jänner 2021)
  Vor allem im ersten Buch Samuel, in den Kapiteln 18,1-9; 19,1-7 und 20,1-42 sind Überlieferungen über die Freundschaft zwischen Jonatan, dem Sohn des Königs Saul und David, dem Sohne des Isai aus Bethlehem festgehalten.
Von Jonatan, dem Königssohn, dem stärkeren Partner, geht die
< Initiative aus
< er gibt David als Zeichen seiner Freundschaft seinen eigenen Mantel und seine Rüstung
< er nimmt David vor seinem Vater in Schutz
< er nimmt für David auch die Abneigung seines Vaters in Kauf – begibt sich in Lebensgefahr;
< Jonatan pocht nicht auf seinen Vorrang als Sohn des Königs - er anerkennt die Erwählung Davids - bittet ihn um Schutz seiner Familie
David, der junge Hirt aus Bethlehem
< lässt sich von Jonatan beschenken und beschützen
< ist nicht zu stolz, Jonatan um Hilfe zu bitten, teilt ihm Ängste und Befürchtungen mit
< er pocht nicht auf seine Erwählung und nutzt sie nicht aus – kommt sich nicht besser vor
< er verspricht und hält sein Wort bezüglich der Nachkommen Jonatans
An den Überlieferungen über die Freundschaft zwischen Jonatan und David (man kann sie etwa um das Jahr 1000 v. Chr anzusetzen) ist ein wesentlicher Grundzug zu erkennen:
Freundschaft beruht auf Gegenseitigkeit, jeder der beiden ist – situationsbedingt – Gebender und Nehmender, Bittender und Empfangender.

 

Besonders in der Weisheitsliteratur des Alten oder Ersten Testamentes wird in mehreren Aussagen auf die Freundschaft Bezug genommen. Einige Stellen aus dem Buch Jesus Sirach :

6,7: Willst du einen Freund gewinnen, gewinne ihn durch Erprobung, schenke ihm nicht zu schnell dein Vertrauen!
6,8: Mancher ist Freund je nach der Zeit, am Tag der Not hält er nicht stand.
6,10: Mancher ist Freund als Gast am Tisch, am Tag des Unheils ist er nicht zu finden.
6,14: Ein treuer Freund ist wie ein festes Zelt; wer einen solchen findet, hat einen Schatz gefunden.
6,16: Das Leben ist geborgen bei einem treuen Freund, ihn findet, wer Gott fürchtet.
7,18: Wechsle keinen Freund für Geld
19,13: Stell den Freund zur Rede, ob er etwas getan hat, und wenn er es getan hat – damit er es nicht wieder tut.
20,16: Der Tor sagt, ich habe keinen Freund
22,20: .. . wer den Freund beschimpft, vertreibt die Freundschaft
22,25: Ist dein Freund verarmt, beschäme ihn nicht, und versteck dich nicht vor ihm
22,26: Hast du einen Freund, plaudere von ihm nichts aus, sonst wird sich jeder, der dich hört, vor dir hüten.
25,9: Wohl dem, der einen Freund fand und der zu Ohren sprechen darf, die hören

Siehe auch Joh 15,15 … Freunde nenne ich euch ..

Sam Keen, ein amerikanischer Autor, schreibt in seinem Buch „Feuer im Bauch“ – Über das Mann-Sein, Kabel Verlag Hamburg 1992 Seite 238 ff zum Thema Freundschaft:
< „Freundschaft ist vielleicht die beständigste Kraftquelle in einer unbeständigen Welt, besser als Sex, Geld oder Macht.
< Freundschaft, philia, brüderliche Liebe, die Zuneigung, die nur zwischen Gleichen existiert, ist zugleich die bescheidenste und stabilste Form der Liebe. Sie ist so ruhig wie eine Unterhaltung am Nachmittag, aber stark genug, um den Angriffen der Zeit standzuhalten.
< Sie spricht uns zwar tief im Inneren an, doch verlangt sie keinen romantischen Aufruhr der Gefühle. Kein Anheulen des Mondes, keine Explosionen widersprüchlicher Emotionen. Keine Eifersucht. Freundschaft macht Männer und Frauen behutsam.
< Sie beruht auf einer ganz simplen Schlussfolgerung des Herzens: Ich mag dich und du magst mich – also sind wir Freunde. Und während wir uns ein befriedigendes Leben auch ohne überschäumendes sexuelles Leben oder die süße Bürde der Familie vorstellen können, wissen wir intuitiv, dass auch das beste Leben ohne einen Freund unerträglich einsam wäre.
< Und trotzdem gehört die Freundschaft heute zu den aussterbenden Gattungen.
< Freundschaft kann nicht gedeihen, wo das soziale Klima unter Männern von Hektik, ständigem Beschäftigt-sein und Konkurrenzdenken bestimmt ist.
< Sie braucht das gemächliche Fließen der Zeit. Der Rhythmus einer Freundschaft zählt nach Jahrzehnten. Eine Freundschaft, die halten soll, braucht Jahre zum Keimen, muss in feuchten und trockenen Jahreszeiten gepflegt werden und darf nie mit den Wurzeln ausgerissen werden
< Freundschaft hat nicht viel im Sinn mit Tüchtigkeit oder Terminkalendern. Sie hat mehr damit zu tun, um zuzuhören und zu helfen, wenn bei einem Freund alles den Bach runtergegangen ist.
< Die meiste Zeit verbringen wir ja im unverbindlichen Umgang mit Fremden, Kollegen und lockeren Bekannten, mit denen wir in gesellschaftliche vorgegebener Weise verkehren. Wir setzen uns Masken auf und spielen die von uns erwartete Rolle.
< Nur bei unseren besten Freunden brauchen wir keine Schau zu machen, sondern können uns so sehen lassen, wie wir sind.
< Deshalb ist die Freundschaft vielleicht das beste Gegengift gegen die Entfremdung“.

  Im Anschluss an obigen Zitaten könnten weiter überlegt werden:
1. Erschwernisse und Gefahren für die Freundschaft
2. Welche Risken geht man bei einer Freundschaft ein?
3. Hat Freundschaft nicht Ausgenutzt-Werden zur Folge?
4. Eine Antwort auf die Frage, wann eine gute Zeit für das Schließen von Freundschaft sei: ´In guten und schlechten Zeiten´
Einige Merkmale der Freundschaft: 1. Eine gewisse Nähe – ein Miteinander, das am Leben des Anderen Anteil nimmt
2. Ein gegenseitiges Sich – Öffnen
3. Ein Mitgehen und Mittragen auf ein Ziel hin – eine Form des Begleitens
4. Ein unaufdringliches Nachgehen und Nachfragen, das aber als Gegenpol auch das geduldige, nicht mürrische, harte ´justamentige´ Abwarten und Schweigen kennt
5. Ein gemeinsames Tun
6. Ein gegenseitiges Vertrauen, das auch ungeschönt harte Wahrheiten ´aushält´
7. Das Wohl des andern im Auge haben
8. Vor den Menschen und vor Gott füreinander einstehen
9. Einander im Glauben stärken
10. Ist Freundschaft ein charakteristisches Zeichen unter den Mitgliedern kirchlicher Gemeinschaften?
  „Teuer ist mir der Freund, doch auch den Feind kann ich nützen. Zeigt mir der Freund, was ich kann, lehrt mich der Feind, was ich soll“ [Friedrich von Schiller]
Erinnert sei an die Ballade Schillers „Die Bürgschaft“ mit dem Thema Freundschaft: „Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der Dritte“ an das Volkslied: „Wahre Freundschaft soll nicht wanken“

Heilige des Monats:

 

2. Jänner: Hl. Basilius der Große,
Erzbischof und Kirchenlehrer; geboren um 330 in Cäsarea, Kappadokien; empfing nach seinem Studium in Athen um 356 die Taufe, lebte zusammen mit Gregor von Nazianz mehrere Jahre zurückgezogen als Mönch, zuvor hatte er sein gesamtes Vermögen verschenkt. Die beiden Freunde erarbeiteten die Regeln für die Basilianermönche. 364 empfing er die Priesterweihe, 370 wurde er Erzbischof von Cäsarea. Er starb 379.
  Hl. Gregor von Nazianz der Jüngere, geboren um 330 in Arianz bei Nazianz (Kappadokien) als Sohn des Bischofs Gregor des Älteren von Nazianz. Nach seinem Studium in Athen, wo er mit Basilius Freundschaft schloss, wurde er um 360 getauft. Mit Basilius lebte er einige Jahre zurückgezogen, empfing die Priester- und 372 die Bischofsweihe. Nach dem Tod seines Vaters 374 verwaltete er einige Zeit die verwaiste Diözese, 381 wurde ihm Konstantinopel angetragen, er verließ aber kurze Zeit später sein Bistum, zog sich in seine Heimat zurück und starb 390.
 

Ein Zitat aus einer Rede Gregors auf seinen Freund Basilius:

„.. Damals schon [in Athen] bedeuteten wir uns alles: wir lebten unter demselben Dach, aßen am gleichen Tisch, arbeiteten zusammen, hatten die gleichen Interessen… Gleiche Hoffnung und Erkenntnis bestimmte uns beiden den Weg, Hoffnung und Erkenntnis, um die doch die meisten Menschen einander am meisten beneiden. Aber zwischen uns gab es den Neid nicht. E i n e Seele lebte in zwei Körpern. Der eine hat diesen, der andere jenen Zunamen. Er hat ihn von den Eltern geerbt oder ihn durch eigenes Mühen und Arbeiten erworben. Uns aber war es die eine große Wirklichkeit und der eine große Name:
Christen zu sein und Christen zu heißen“ .

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