Msgr. Franz Wilfinger und Susanne Kopeszki

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Msgr. Franz Wilfinger
August 2021
Das gemeinsame Gebet
Hinführung zum Thema:
Hinter dem Thema verbergen sich drei recht unterschiedliche Begriffsinhalte, die angesprochen werden sollen, um schwammige Vermengungen zu verhindern und klare Abgrenzungen zu erreichen. Erst wenn abgeklärt ist, dass sie denselben Inhalt meinen, lässt sich sinnvoll ein Gespräch führen.

< das gemeinsame Gebet – darunter kann die Tatsache verstanden werden, dass Gebet als spezifisch religiöser Akt nicht nur vom einzelnen, sondern in der Gemeinschaft vollzogen wird - wenn man will, dies ist sogar der theoretische Hintergrund.
< das gemeinsame Gebet – als Zusammenfassung oder Momentaufnahme der Erfahrung in der Gemeinschaft der Gläubigen - wenn man will, der Erfahrungshorizont, den die Praxis liefert
< Gebetstexte, die gemeinsames Beten ermöglichen.

In einem ersten Schritt nehmen wir die zwei letztgenannten Begriffsinhalte zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen.

1. Vorurteile und abwertende Sichtweisen:

< das gemeinsame Gebet wirkt eintönig, formal und schablonenhaft
< die besondere, jeweilige Verfasstheit des Einzelnen bleibt völlig ausgeklammert
< die Gebetsworte entsprechen daher nicht der Gemütslage aller Beteiligten
< das gemeinsame Gebet ist daher nicht „stimmig“, ist nicht „wahr“ weil anders gesprochen als empfunden wird; daraus folgt: Nicht mitsingen oder -beten etwa beim ( Schuldbekenntnis, beim Lied Ein Wohlgefallen Gott an uns hat)
< in den Gebeten wird nicht die eigene Sprache und Sprechweise wieder gefunden, sondern Wortwahl, Symbole, Bilder wirken wie aus einer anderen, längst vergangenen Welt oder sind überhaupt abgehoben, weltfremd.

2. Zugunsten des gemeinsamen Gebetes spricht.
< es sprengt die eigenen Grenzen, trägt über die augenblickliche Befindlichkeit hinaus
< es weitet den Horizont des Einzelnen, objektiviert die personale Gottesbeziehung
< es gibt einen festen Rahmen (in den Formulierungen, im Zeitrahmen) innerhalb dieses fest gefügten Rahmens steht dem Einzelnen ein Freiraum zur Verfügung, den er mit Inhalt füllen kann
< es erleichtert das zeitweilige „Aussteigen“ und „Einsteigen“ in den Gebetsstrom der Gemeinschaft
< es bietet dem Betenden die Möglichkeit, nachdenklich zuzuhören, einzustimmen, sich in der Hülle dem Schweigen zu überlassen, die dialogische Komponente einzubringen
< es bestärkt und inspiriert das persönliche Gebet, wie es seinerseits das persönliche voraussetzt

3. Das Beten der Christen

< auch das persönliche Gebet eines Christen ist geprägt vom Charakter des „Mit-„
< wir beten als Christen mit und durch Christus zum Vater
< gemeinsames Gebet der Christen – wurzelt in der tiefen Verbindung mit Christus - in ihm wird ein Wesenszug der Einheit, der Kirche, deutlich
< im gemeinsamen Gebet findet der Glaube seinen Ausdruck – lex orandi – lex credendi (Das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens)
< im gemeinsamen Gebet ist Christus selbst geheimnisvoll gegenwärtig „ wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen“
< im gemeinsamen Gebet kommt Dank, Lob, Anbetung, vertrauensvolles Bitten und Sich-Gott-Überlassen (vertrauen) zum Ausdruck
< es zeigt sich aber auch unsere Berufung zum Schöpferischen und Heils-Vermittelnden
< das „klassische Gebet der Christen“ – das Vater unser – ein Gebet der Gemeinschaft.

4. Für das gemeinsame Gebet

< ist die Bereitschaft zum Sich-Einfügen nötig
< eine Offenheit, sich mitnehmen zu lassen – was gleichzeitig ein Loslassen bedeutet
< Großzügigkeit und Großmut
< Erfahrung mit dem persönlichen Gebet – kein entweder oder, sondern ein sowohl als auch
< Texte von Liedern und Gebeten für sich lesen – betrachten! (aus der Hl. Schrift – AT Gebete und Psalmen; im NT Magnifikat, Benedictus, aus den Briefen der Apostel und der Apostelgeschichte kurze Gebete betrachten)

Aus dem Buch des Bischofs Cyprian von Karthago (+258) über das Gebet des Herrn im Brevier in den Lesehoren der 11. Woche im Jahreskreis Heft 5 der Ersten Jahresreihe!

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